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Agnes Gossen             

Oktobertreffen der russlanddeutschen Autoren in Oerlinghausen

Schon seit 16 Jahren treffen sich die Mitglieder des Literaturkreises der Deutschen aus Russland e.V. zwei Mal im Jahr – im Frühling und Herbst – zu ihren Autorenseminaren. Obwohl das Wetter gerade umschlug, und es ein ziemlich verregnetes Oktoberwochenende war, freuten sich die Autoren auf die ruhige und freundliche Atmosphäre dieses Treffens, auf die Lieder im Kaminzimmer, auf neue Texte der Schriftstellerkollegen, über die lebhaft diskutiert wurde.
Die Textanalyse wurde wie immer in zwei Gruppen durchgeführt. Die Gruppe der Russisch schreibenden Autoren leitete die Journalistin Larissa Uljanenko, die sehr taktvoll auf typische Fehler aufmerksam machte und von den Teilnehmern sehr positiv eingeschätzt wurde. Die deutsche Gruppe leiteten Agnes Gossen-Giesbrecht und Martina Leon, Germanistin und Regisseurin des EuroCentral Theaters in Bonn. In beiden Gruppen waren auch einige Gäste, die sich für die Seminare des Literaturkreises interessierten. Elena Dumrauf aus Geseke und Renate Wolf aus Duisburg, sowie Larissa Uljanenko aus Kassel traten am letzten Tag des Seminars dem Literaturkreis bei.
Am 8. Oktober fand abends ein Konzert mit eingeladenen Gästen statt. Zum Auftakt traten zwei extra angereisten Frauen, die vom Vorsitzenden des Vereins Heinrich Dick eingeladen wurden. Es waren Dr. Norma Escobedo de Driever aus Peru - eine Soziologin, Dichterin und Autorin von drei Büchern und die in Deutschland lebende Saxophonistin Natalia Stuphorn aus Moskau, die in Orenburg, Berlin und in Detmold an Musikhochschulen studiert hat. Mit ihrem gemeinsamen Programm "Farben der Kunst" führten sie die Zuschauer durch eine literarisch-musikalische Reise in die Welt der Farben. Es war ein sehr harmonischer Auftritt, wo Wort und Musik perfekt einander ergänzten.
Da das diesjährige Autorentreffen dem 70. Jahrestag der Deportation der Russlanddeutschen während des 2. Weltkrieges gewidmet war, machte Agnes Gossen einen Kurzvortrag zum Thema "Russlanddeutsche Autoren und Zeitzeugen über Deportation und Arbeitsarmee", in dem sie einige Texte der Zeitzeugen zitierte und eine Bücherübersicht aus der vorbereiteten Ausstellung darbot. Dabei machte sie den Akzent auf die Bücher der ältesten Autoren des Literaturkreises wie Johann Warkentin, Nora Pfeffer, Nelly Wacker, Eugen Warkentin (die letzten beiden leider schon verstorben). Es wurden auch die Autoren, die in der Vorkriegs- und Kriegszeit geboren wurden, und teilweise auch an der Lesung selbst teilnahmen, erwähnt, wie zum Beispiel die 75jährige Irene Moor, die ihr neues Buch "Delfine sind keine Fische" präsentierte und eine ihrer besten Erzählungen "Der Tod von drei Birken" vorlas. Auch das Gedicht von Frieda Bayern über den Hunger und Entbehrungen der Kriegs- und Nachkriegskinder in Verbannungsorten ging den Zuhörern unter die Haut.
Agnes Gossen-Giesbrecht trug einen Auszug aus den Erinnerungen ihres Vaters Erich Gossen vor und einige lyrische Gedichte, "Verlassene Räume, verlassene Orte", "Mein Erinnerungskelch" u. a.
 Katharina Kucharenko trug einige ihrer Gedichte und Übersetzungen vor, der 80jährige Martin Thielmann, der älteste Teilnehmer der Lesung, präsentierte eine seiner humorvollen Kurzerzählungen über die Eichhörnchen. Martina Leon las einen Auszug aus dem Roman "Haus am Teich" von dem, auch anwesenden, Anatoli Steiger, dem der Vorsitzende einen Tag vorher eine Ehrenurkunde des Literaturkreises für seine vielseitigen Aktivitäten im Verein und zum 70. Jubiläum aushändigte.

Nach der offiziellen Lesung wurde im Kaminzimmer noch lange weiter gesungen und zwischendurch lustige Kurzgeschichten und Gedichte vorgetragen, wo besonders viel Applaus Valentina Keil erntete.
Am nächsten Tag wurde die Arbeit in Gruppen fortgesetzt - in der russischen Gruppe ging es weiter um Textanalyse, in der deutschen Gruppe war Kreatives Schreiben angesagt, wo teilweise sehr lustige skurrile Texte zum Thema "Seltsame Begegnung" entstanden.

Auf der Jahresversammlung, die Heinrich Dick leitete, wurde viel über Zukunftspläne gesprochen, über die neue Homepage, Workshops und Wettbewerbe.

Bei der Auswertung des Seminars und der Arbeit des neuen Vorstandes wurde viel Positives gesagt. Die ruhige aber bestimmte Art von Heinrich Dick hat geholfen den Literaturkreis aus der Krise herauszuführen, einige früher ausgetretene Mitglieder sind zurückgekommen und es gibt auch wieder Zuwachs. Der neue Vorsitzende ist selbst Autor von einer Bücherreihe und Herausgeber einer Serie "Deutsche aus Russland", mit der auch neue Kontakte zustande kommen, auch auf internationaler Ebene, z. B. bei der Präsentation der Bücher "Das Geheimnis der russischen Seele" von Sv. Sawizkaja und dem Sammelband "Die russische Frauen, schön und rätselhaft".

Heinrich Dick betreibt auch einige Homepages im Internet, u. a. http://www.rusdeutsch-autoren.de, wo deutsche Autoren aus Russland ihre Bücher präsentieren können und http://www.wirdeutsche-ausrussland.de/- eine Zeitschrift für Russischschreibende. Die Kontakte der Autoren übers Internet sollen weiter ausgebaut werden und es soll in der Zukunft auch die Möglichkeit geben, über neu geschriebene Texte im Forum zu diskutieren und neue Bücher zu präsentieren.
Heinrich Dick und einige Mitglieder des Literaturkreises (S. Felde, T. Eisner, K. Kucharenko, Uljanenko) haben auch einen engen Kontakt zum Verein aus Gütersloh "Forum der russischen Kultur" geknüpft, geholfen bei der Organisation von internationalen literarischen Wettbewerben. So wurden, zum Beispiel, die besten Texte vom Wettbewerb "Leichter Atem" von Heinrich Dick mit Unterstützung des "Forums" herausgegeben. Die Werke der Preisträger wurden von Helene Abrams und Katharina Kucharenko ins Deutsche übersetzt und im Oktober 2010 der Ehrung der Autoren, die aus Deutschland, Russland, Dänemark und der Ukraine angereist waren, in der Stadtbücherei Gütersloh präsentiert. Für das Jahr 2012 ist ein Märchenwettbewerb gemeinsam mit Malern geplant und ein Literaturfestival "Wort und Pinsel - Heute" in Detmold im Oktober nächsten Jahres sowie eine Buchpräsentation russlanddeutscher Autoren in Moskau.
Zum Jahresende erscheinen zwei Almanache "Literaturblätter deutscher Autoren aus Russland" in Deutsch und in Russisch.
Es herrscht Aufbruchsstimmung im Literaturkreis, es gibt viel zu tun, der Vorstand sucht aktive Helfer und immer mehr Autoren unterstützen ihn tatkräftig und treten dem Verein bei.
Der Literaturkreis lebt, entwickelt sich weiter und es bleibt nur noch ihm weiteren Erfolg zu wünschen und den Autoren - mehr Interesse für ihre Bücher und Lesungen unter unseren Landsleuten, mehr Unterstützung seitens der Sponsoren und der Ortsgruppen der Landsmannschaft.